Die Pubertät ist eine Zeit der tiefgreifenden Veränderung. Körperlich beginnt der Übergang vom Kind zur jungen Frau, doch noch stärker sind die emotionalen Umbrüche spürbar. Gefühle können sich innerhalb weniger Minuten verändern: eben noch Freude und Lachen, dann Wut oder Traurigkeit, kurz darauf Euphorie. Was für die Eltern unverständlich erscheint, ist für die Mädchen selbst der Ausdruck einer intensiven Entwicklungsphase.
Warum ist die Gefühlswelt in dieser Zeit so intensiv? Hormone wirken auf Körper und Seele. Gleichzeitig beginnt die Suche nach Identität und Selbstbestimmung. Mädchen spüren, dass sie nicht mehr Kinder sind, aber auch noch nicht ganz erwachsen. Dieses Spannungsfeld führt sie in eine Unsicherheit, bringt aber auch enormes Wachstumspotenzial mit sich.
Ich möchte mit diesem Beitrag bei Eltern ein tieferes Verständnis für ihre Töchter wecken. Wenn wir die emotionale Welt der Mädchen in dieser Zeit ernst nehmen, können wir ihnen mit Geduld, Empathie und Vertrauen begegnen. Wir können ihnen den Raum geben, ihre eigene Weiblichkeit zu entdecken und gestärkt in ihr Erwachsenwerden zu gehen.
Ein Blick auf die emotionale Dimension der Pubertät
Hormone spielen in der Pubertät eine entscheidende Rolle: Sie steuern nicht nur die körperliche Entwicklung, sondern wirken auch direkt auf das Gehirn und damit auf Stimmung und die Wahrnehmung. Schon kleine Auslöser rufen in dieser Entwicklungsphase grosse Emotionen hervor. Der Kommentar von einer Freundin, eine Auseinandersetzung mit den Eltern oder ein schulischer Druck können dann weltbewegend sein.
Mädchen erleben in dieser Phase Gefühle, die von einem Extrem ins andere wechseln: Freude und Begeisterung kippen plötzlich in Wut, Traurigkeit oder Rückzug, um kurz darauf in Euphorie und überschäumende Energie umzuschlagen.
Pubertät bei Mädchen: Nicht mehr Kind. Noch nicht erwachsen.
Die Pubertät ist ein Übergang, in dem Mädchen weder ganz Kind noch schon vollkommen erwachsen sind. In dieser Zwischenphase beginnt die Identitätssuche: Wer bin ich und wer möchte ich sein? Alte Sicherheiten geraten ins Wanken, neue Fragen treten in den Vordergrund. Viele Mädchen spüren in dieser Zeit zum ersten Mal deutlich, dass sie ihren eigenen Platz im Leben finden wollen.
Abgrenzung und die Suche nach neuer Zugehörigkeit
Ein wesentlicher Schritt in der Pubertät ist die Abgrenzung von den Eltern. Was früher Halt und Orientierung gab, wirkt nun oft wie eine Begrenzung, die es zu überwinden gilt. Stattdessen suchen Mädchen in dieser Phase nach neuen Vorbildern und Gleichaltrigen, die ihnen das Gefühl geben, verstanden zu werden. Freundinnen rücken in den Mittelpunkt, ihre Meinungen und Verhaltensweisen gewinnen enorm an Bedeutung. Diese Hinwendung zur Peergroup ist ein natürlicher und wichtiger Prozess, der den Eltern jedoch manchmal das Gefühl gibt, an Einfluss zu verlieren.
Das Spannungsfeld, in dem Mädchen in dieser Zeit leben, lässt sich gut beschreiben:
Die seelische Pubertät als unsichtbarer Reifungsprozess
Diese „seelische Pubertät“ kann bereits Jahre vor den sichtbaren körperlichen Anzeichen beginnen. Sie zeigt sich darin, dass Mädchen sehr früh über sich selbst und ihre Rolle in der Welt nachdenken, besonders sensibel reagieren oder nach neuen Formen des Ausdrucks suchen. Für Aussenstehende wirkt das manchmal wie ein „zu frühes“ oder „übertriebenes“ Erwachsenwerden, doch in Wahrheit ist es ein natürlicher Reifungsprozess, der ihre Persönlichkeit formt und sie auf das Frau-Sein vorbereitet.
Warum die Pubertät emotional so fordernd ist
Die Pubertät bringt viele innere Veränderungen mit sich. Drei Bereiche stehen dabei besonders im Vordergrund:
Wie können Erwachsene Mädchen durch die Pubertät begleiten?
Die Pubertät ist nicht nur für Mädchen selbst eine herausfordernde Zeit, sondern auch für ihre Eltern. Erwachsene können viel dazu beitragen, dass diese Phase weniger konfliktreich und dafür umso unterstützender erlebt wird. Entscheidend ist dabei nicht Kontrolle, sondern Begleitung – mit Geduld, Offenheit und der Bereitschaft zuzuhören.
Das Wichtigste in dieser Lebensphase ist es, den Prozess überhaupt zu sehen und zu verstehen. Mädchen brauchen kein Urteil und keinen ständigen Druck, sondern Erwachsene, die ihnen Sicherheit geben und sie gleichzeitig ihren eigenen Weg gehen lassen. Wer begleitet, statt bewertet, schenkt ihnen das Vertrauen, das sie brauchen, um ihr Frau-Sein in Ruhe und Geborgenheit entfalten zu können.
Erkenne die Ressourcen und Stärken junger Mädchen
So herausfordernd die Pubertät auch sein mag, bringt sie auch wertvolle Stärken hervor. Viele Mädchen entdecken in dieser Zeit ihre Kreativität und Ausdrucksfreude. Ob durch Musik, Kunst, Schreiben oder Tanz – sie finden Wege, ihre Gefühle sichtbar zu machen und erleben, dass ihre innere Welt Bedeutung hat. Diese Ausdrucksformen sind nicht nur ein Ventil, sondern auch eine Quelle von Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit.
Ebenso prägend sind die Freundschaften, die in dieser Phase an Tiefe gewinnen. Vertraute Beziehungen zu Gleichaltrigen schenken Halt, Verständnis und das Gefühl, nicht alleine zu sein. Auch wenn es zu Enttäuschungen oder Brüchen kommt, sind genau diese Erfahrungen wichtig, weil sie Mädchen lehren, mit Nähe, Konflikten und Versöhnung umzugehen.
Darüber hinaus wächst durch die vielen Herausforderungen ihre Resilienz. Mädchen entwickeln eine innere Stärke, die sie befähigt, Rückschläge auszuhalten und daran zu wachsen. Gerade das Auf und Ab der Gefühle trägt dazu bei, dass sie lernen, sich selbst besser zu verstehen und Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten aufzubauen.
Wenn Erwachsene diese Stärken wahrnehmen und wertschätzen, entsteht ein Gegengewicht zu den Unsicherheiten der Pubertät. Mädchen fühlen sich gesehen – nicht nur in ihren Herausforderungen, sondern vor allem in ihrer Kraft.
Fazit: Pubertät als Chance für Wachstum und Selbstentfaltung
Die Pubertät ist nicht nur eine Zeit der Krise, sondern vor allem eine Chance. Mädchen beginnen, ihre Identität zu formen und ihre emotionale Kraft zu entdecken. Dieser Prozess ist oft herausfordernd, aber er legt die Basis für Selbstbewusstsein und innere Stärke.
Für Erwachsene bedeutet das: Begleiten statt kontrollieren, verstehen statt verurteilen. Eltern und Bezugspersonen sind gefragt, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem Mädchen ihre Gefühle ausdrücken dürfen und sich in ihrer Entwicklung unterstützt fühlen.
Mit Vertrauen und Empathie können Mädchen gestärkt in ihr Erwachsenwerden gehen. So wird die Pubertät nicht zu einer Phase, die es nur „zu überstehen“ gilt, sondern zu einem wichtigen Abschnitt, in dem Mädchen ihre Weiblichkeit, ihre Persönlichkeit und ihre eigene Kraft entdecken.
